Geschwindigkeitsüberschreitung: Blasenschwäche kann Ausnahme von Fahrverbot rechtfertigen

Das Gericht kann von der Verhängung eines nach der Bußgeldverordnung vorgesehenen Fahrverbots bei gleichzeitiger Erhöhung des Bußgeldes absehen, wenn der Autofahrer sein verkehrswidriges Verhalten durch besondere Umstände entschuldigen kann. Mit einem solchen Fall hatte sich das Oberlandesgericht Hamm zu befassen.

Ein 61 Jahre alter Autofahrer überschritt auf einer Bundesstraße die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 29 km/h. Vor Gericht entschuldigte der Fahrer sein Fehlverhalten damit, dass er nachweislich nach einer Prostataoperation nur noch über eine eingeschränkte Kontinenz verfüge. Zu der Geschwindigkeitsüberschreitung sei es gekommen, als er während der Fahrt einen starken, schmerzhaften Harndrang verspürt habe, sodass er nur noch darauf fokussiert gewesen sei, „rechts ran fahren“ zu können. Der Amtsrichter ließ dies ohne nähere Begründung nicht gelten und verurteilte den Mann zu einer Geldbuße von 80 Euro und einem einmonatigen Fahrverbot.

Das Beschwerdegericht hob die Entscheidung auf und verwies den Rechtsstreit zurück an die erste Instanz. Da die Blasenschwäche eines Autofahrers ausnahmsweise durchaus einen Grund darstellen kann, von einem Regelfahrverbot wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit abzusehen, muss sich der Amtsrichter nun eingehend – u.U. unter Hinzuziehung eines Gutachters – mit dem Vorbringen des verurteilten Autofahrers auseinandersetzen.

Beschluss des OLG Hamm vom 10.10.2017

4 RBs 326/17

VRR 2017, Nr. 11, 2

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